George Saunders, Zehnter Dezember

(Erschienen 2013)

Brillant und pointiert erzählt Saunders seine Geschichten aus der Vorhölle, die den Leser frösteln machen. In solch einer Gesellschaft, wie sie hier durchscheint, möchte niemand leben. Oder tun wir das bereits?

Sofort wird erkennbar, was hier verhandelt wird: unsere Gegenwart, nur um Nuancen versetzt, verändert, zugespitzt. Unverkennbar ist das Setting: die USA, die reichen westlichen Industrienationen, deren besenreine Vorstadteinöden, überangepasste Kinder und ängstliche und selbstunsichere Erwachsene. Die Pharmaindustrie, die Gefühle ein- und ausschalten kann und dies in großem Maßstab nach Belieben tun will. Der letzte Schrei: Weibliche Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten finden „Asyl“ in den Gärten der Reichen, in denen sie als lebende Deko in die Bäume gehängt werden. Die Entrechteten und Entwurzelten, die Dropouts und die Armen, sie müssen sehen, wo sie bleiben: Jeder für sich, gegen alle.

Angst, Unsicherheit, Ohnmacht, Unterdrückung, mittelbare und unmittelbare Gewalt und Wut, immer wieder Wut. Keine Urteile, keine Wertungen, keine Antworten – und nur in der letzten Geschichte ein kleines bisschen Hoffnung.

Hart und einfühlsam, sprachlich variabel, vielstimmig, äußerst spannend, mitunter humorvoll: absolut packend.

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Datum: Dienstag, 15. August 2017 20:37
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